Rassismus-Aufschrei um Badmómzjay: Diese Texte sorgten ebenfalls für erhitzte Gemüter
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Diese Zeilen sorgten für Skandale

Rassismus-Aufschrei um Badmómzjay: Diese Texte sorgten ebenfalls für erhitzte Gemüter

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Diese Zeilen sorgten für Skandale

Rassismus-Aufschrei um Badmómzjay: Diese Texte sorgten ebenfalls für erhitzte Gemüter

Damian Steffen
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Rassismus-Aufschrei um Badmómzjay: Diese Texte sorgten ebenfalls für erhitzte Gemüter
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Die Deutschrap-Newcomerin steckt für ihre neueste Single Rassismus-Vorwürfe ein. Mit kontroversen Lyrics begibt sich die Rapperin in bekannte Gesellschaft. Diese Rap-Lines haben in Vergangenheit grosses Echo nach sich gezogen.

Einen Track zu droppen, der PoC fetischisiert, ist nie eine gute Idee. In der aktuellen Zeit der Aufruhre erst recht nicht. Den Twitter-Shitstorm hätte sie deshalb vorausahnen können. Auch wenn die Kritik aus der PoC-Community bei der Rapperin und ihren Fans eher abperlt, als sie aufgenommen wird, kam die Entschuldigung in Form eines Instagram-Statements recht fix.

Warum der Track «Snowbunny» rassistisches Gedankengut vermittelt und mittels Pop-Sound an die Jugend weitergibt, erklärte die Twitter-Userin Afroking ausführlich in einem Thread:

Ihr Fazit lautete: «Ich weiß, das Badmomzjay gerade mal 17 Jahre alt ist. Deshalb hab ich 2 mal überlegt, ob ich diesen Thread mache. Ihr junges alter, ist jedoch kein Freifahrt schein, für solch ein rassistisches Verhalten.»

Sie kreidet Badmómzjay unter anderem an, dass sie politisch unkorrekte Begriffe verbreitet, PoC sexualisiert und dass sie sich die Kultur aneignet. Von Journalist*innen und der Internet-Community wird die Newcomerin für ihre Lines hart kritisiert:

«Shawty, you're my type, Milkshake Farbe Chocolate
Komm und steig ein, denn wir beide geh'n auf Probefahrt.»

Mit ihrer kontroversen Art ist Badmómzjay nicht die einzige, die mit Rassismus, Sexismus und anderen Ismen für Diskussionen sorgt. Die nachfolgenden Skandale zeigen, wie sehr problematisches Gedankengut auch im Rap verankert sind.

Warum wir unbedingt mehr gegen Rassismus unternehmen müssen, erklärte unsere Journalistin Yosina in ihrer Kolumne: 

[artikel=3]

[1] Fler und die Sklaven-Line

«Doch du warst zu Pinky, ich Brain / Im Apple Store warst du ein Slave / Bei mir dann Django Unchained»

Ein Grenze überschritten hat auch Fler. Während der Meinungsverschiedenheit mit seinem Ex-Label-Mate Jalil schockierte der Berliner mit einer Line, in der er Jalil, der afroamerikanische Wurzeln hat, als Sklaven beleidigt. Die Kritik folgte prompt. Die Geschichte versandete aber schnell wieder. Eine ernsthafte Diskussion blieb, bis auf ein paar Interview-Rechtfertigungen, aus. Der eigentliche Skandal ist, wie leichtfertig mit einem solchen Statement umgegangen wird. Flers Image wurde aufgrund der Line nicht mal ansatzweise angekratzt.

Jalils Reaktion damals: «Hättest gleich N**ga sagen können. Wäre der gleiche Effekt gewesen.»

[2] Eminem und die Faggot-Line

«Tyler create nothing, I see why you called yourself a f*ggot, b*tch / It's not just 'cause you lack attention / It's 'cause you worship D12's balls, you're sacrilegious»

Im Jahr 2019 beleidigte Eminem Tyler The Creator, um den bereits seit Jahren Gerüchte um seine scheinbare Homosexualität kreisten, mit dem F-Wort. Immerhin stimmten sich die beiden nach dem Ausfall versöhnlicher: In einem Interview zeigte sich Eminem reuig: Er meinte, die Line sei im Nachhinein ein Fehler gewesen.

[3] Haftbefehl und der Antisemitismus

«Investiere in Schnuff, um mein Flus zu vermehren / und ticke Kokain an die Juden von der Börse.»

Seit Jahren wird Haftbefehl fürs Verbreiten von antisemitischen Verschwörungstheorien hart kritisiert. Seine Lines über Rothschilds, Rockefellers und Co., aber auch sein Zitat, in dem er die jüdische Community direkt anspricht, sind immer wieder Gesprächsstoff in den Medien. Zu der Koka-Line aus 2012 meinte Erik Petry, Professor für jüdische Geschichte an der Universität Basel im Rahmen unserer Sonderausgabe «Hat Rap ein Problem?»:

«Der Text stellt sofort die Verbindung zwischen Juden, Geld und Börse her. […] Die Kombination «Juden und Geld» ist eine alte Vorstellung, die nicht aus der Welt zu schaffen ist. Die Börse fügt dem Feindbild noch eine neue Nuance hinzu: An der Börse geht es nicht nur ums Geld, sondern es geschehen Dinge, die viele Leute nicht begreifen. So ist die Verbindung von Juden, Geld und Börse Wasser auf die Mühlen von Verschwörungstheoretikern, die eine jüdische Weltverschwörung wittern. Diese Kombination, die diese Verbindungen, die der Text herstellt, kann man also definitiv als antisemitisch bezeichnen.»

Ein Genre im Dilemma zwischen Freiheit und Verantwortung: Die ganze Sonderausgabe «Hat Rap ein Problem», in welchem wir die Brennpunkte Sexismus, Antisemitismus, Drogen und Gewalt besprochen haben, kannst du hier kostenlos nachlesen. 

[4] DCVDNS und das N-Wort

«Der erste tighte Weiße seit dem letzten tighten Nicker / Deutschrapper mussten Ausländer sein / Deswegen wollte niemand an mich glauben»

Dass ein Weisser das verpönte N-Wort nicht sagen darf, sollte klar sein. In Anlehnung an das Battlerap-Urgestein Taktloss, der sich selber als «letzter tighter N**ga» bezeichnet, droppte DCVDNS auf seinem Track «Der erste tighte Wei$$e» diese Line. Auch wenn sich DCVDNS in Ausflüchte rettete, dass er doch nur (Kopf-)Nicker gemeint habe, provozierte er ungemein.

Zahlreiche Rückmeldungen hagelte es für den Saarländer. Mortel, Animus, Fler und die HipHop.de-Redaktion haben eine Diskussion um die Verwendung des Wortes angetrieben.

[5] Samra und die Serben

«Wallah, ich hab‘ Kohldampf, Volume, stoß an/ Serbisch-orthodoxe B**ches feiern mich wie Ostern.»

Dass die Herkunft ein sehr sensibles Thema ist, bekam 2019 im vergangenen Jahr auch Samra zu spüren. Während viele seiner Fans der Meinung waren, dass es sich um eine legitime Battle-Rap-Provokation handelt, musst er den Backlash aus der eigenen Community einstecken. Auch er beugte sich dem Druck und entschuldigte sich in aller Öffentlichkeit für seine Punchline: «Ich entschuldige mich für die line auf dem Azad Song ich selber hab sie nicht so aufgenommen Ich liebe jede Nation und respektiere jede Religion.»

[6] Jay Electronica und die Rothschilds

«And I bet you a Rothschild, I get a bang for my dollar, the synagogue of Satan want to hang me by my collar.»

Die Freude über das lang erwartete Debüt von Jay Electronica wurde durch die Debatte um ein Zitat von ihm leider getrübt. Im gleichen Song, aus welchem das Zitat stammt, zitiert der Jay-Z-Schützling ebenfalls Reden von Louis Farrakhan, dem Oberhaupt der Nation of Islam-Organisation. Er wurde bereits von einigen Medien und Akademikern als antisemitisch kritisiert. Nach diversen Wortmeldungen aus der jüdischen Community erklärte Electronica, dass die Lines auf keinen Fall antisemitisch verstanden werden dürften.

[7] Farid Bang und die Auschwitz-Line

«Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen / Ich tick' Rauschgift in Massen, ficke Bauchtaschen-Rapper»

Die wohl meistdiskutierte Deutschrap-Line aller Zeiten: Farid Bang und Kollegah mussten sich einer Welle von Kritik stellen. Wie die Story ausging, ist Geschichte. Der Echo ist abgeschafft, das Album auf dem Index und die beiden haben einen immensen Image-Schaden davongetragen. Wie antisemitisch die Line ist, erklärte der der Experte Erik Petry ebenfalls in der Sonderausgabe:

«Wenn man nun einen `definierten` Körper und diese Verbrechen in einer Zeile zusammenbringt, ist das eine massive Respektlosigkeit gegenüber allen Menschen, die in Auschwitz ermordet wurden. Hier geht es um Respekt. Die Zeile ist definitiv antisemitisch, allem voran wäre sie aber auch vermeidbar gewesen. Egal wie gewitzt und clever ein Wortspiel ist, ein Mindestmass an Respekt sollte erhalten werden.»

In unserer Sonderausgabe meldete sich auch Battle-Rap-Ikone Ben Salomo zu Wort. Wie es dazu kam, dass er sich als Feindbild seines Umfelds verstand, erklärte er im Interview: 

[artikel=1]

[8] Fard & Snaga und ihre problematische Einstellung

«Kollektiv, kontra Bilderberger, Volksverräter, Hintermänner / Und ja, pro Todesstrafe für Kinderschänder / Bastard, meine Gedanken bleiben frei»

Markus Staiger, das Deutschrap-Urgestein und gute Gewissen der Szene, war nicht der einzige, der sich über das Kollabo-Album «Talion 2» von Fard und Snaga beschwerte. In einem Blogeintrag meinte der Berliner:

«Ich schätze Religionen sehr als Betätigungsfeld für spirituellen Wachstum. Kombiniert mit Waffen und Territorialstreitigkeiten ist das aber eine ganz ekelhafte Sache. […] Hier wird gehetzt und der Eindruck vermittelt, es handle sich um revolutionäres Gedankengut. Mit Nikes an den Füßen und der Todesstrafe im Mund ist das allerdings weder rebellisch noch revolutionär noch fortschrittlich. Das ist einfach nur reaktionär - sonst nichts.»

Andere Journalisten gingen härter ins Gericht mit den Inhalten. Martin Niewendick betitelte das Lied als «Verschwörungstheorien mit Jihadismus und Nazi-Parolen».

[9] Bushido

«Und jetzt nimm ihn in den Mund, so wie Joko / Ich boxe auch Frauen, das ist Emanzipation»

Bei öffentlichen Diskussionen um die Themen Sexismus und Gewaltverherrlichung ist eine Person immer ganz vorne dabei: Bushido. Der von der Boulevard-Presse gerne als «Rüpel-Rapper» betitelte Bushido wird seit Jahren von Medien als Sündenbock für das Gangster-Rap-Genre genutzt. Im TV rechtfertigt er seine Texte seit Jahren - und sorgt für hitzige und zugegebenermassen auch unterhaltsame Diskussionen.

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[10] Tilt & 200 BPM vor Bundesgericht

«Natalie Rikkli, süessi Versuechig, gib ihre e Chlapf ufen Arsch und säge: hopp zrügg id Chuchi. Bach mir e Gratin, chum mir all Stund cho blowe. Konservativi Bitches verhalte sich no wie Froue.»

Auch in der Schweiz sind schon Diskussionen um problematische Textinhalte entbrannt. Der Blick betitelte die beiden Rapper für ihre lyrische Attacke auf die SVP-Politikerin Rickli als «Sexisten-Rapper», die Aargauer Zeitung nutzte die Headline «Rapper beschimpfen SVP-Rickli aufs Übelste – das sagt die Richterin dazu». Das mediale Echo auf den Song «Natalie Rikkli» aus dem Jahr 2014 und die daraus resultierende Strafanzeige der Politikerin waren riesig. Von der Anklage der sexuellen Belästigung wurden die Rapper Anfang des Jahres in letzter Instanz freigesprochen. Für andere Anklagepunkte wurden sie belangt.

Das damalige Statement der Chaostruppe lautete im Jahr 2018 folgendermassen:

«Nicht nur der spezifische Fall, sondern gerade auch die damit zusammenhängende Kontroverse hinsichtlich Diskriminierungsformen in Sprache und Musik sowie deren Relevanz für Kunstfreiheit sind Themenbereiche, die uns nun schon seit geraumer Zeit begleiten und intern viel diskutiert werden. Wir stecken eine beachtliche Menge an Ressourcen in das Reflektieren und Diskutieren von uns, unseren Liedern und Haltungsfragen. Sexismus ist hier eines der Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen. Gleichzeitig ist uns durchaus bewusst geworden, dass wir für manche Menschen gegen aussen anders wirken mögen als gegen innen. Wir arbeiten daran, dass uns als Kollektiv problematisierende Wahrnehmungen diskutiert und aufgeklärt werden. Wenn der Widerstand gegen Diskriminierung in der Sprache konkret sein soll, wenn Haltungen, Inhalte oder Sprache problematisiert und verändert werden sollen, dann gilt es, das Gespräch zu suchen, zuzuhören, sich darauf einzulassen.»

[artikel=2]

[11] Bonez MC und die Homophobie

«Eine in dein Bein (Boom), Shotz fired / Du, sag deinem kleinen Bullen-Nuttensohn aus Bayern / Sag, du bist nicht schwul (Hah), bist du Meier? / Pack mal lieber wieder deine Hand an meine Eier (Schwuchtel)»

Homophobie ist immer noch massentauglich. «Shotz Fired» von Bonez MC kann auf Platz vier der deutschen Charts vorstossen. Vor allem eine Line sorgte allerdings für einen Aufschrei. «Der Schwuchtel ins Bein geschossen» titelt beispielsweise das politische LGBT-Magazin queer.de. Auch Szene-Medien wie 16bars äusserten ihre Kritik. Ein paar Medienberichte später ist die Kritik auch schon wieder verflogen: In Deutschland ist Bonez MC immer noch mit gleich zwei Singles in den Top11 der Charts vertreten.

So betroffen diese diskriminierenden Fälle machen, genau so zeigen sie auch auf, dass Rap noch vieles vor sich hat, bis wir HipHop eine tolerante Kultur nennen können. Nicht nur Künstler*innen, sondern auch Hörer*innen müssen sich dieser Verantwortung bewusst werden.

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