Es war noch nie ein Geheimnis: Selbst die bekanntesten Rapper und Produzenten bedienen sich für ihre Beats bei anderer Musik. Im Rap sind Samples das tägliche Brot, oftmals merkt man es kaum, selten führt es zum Rechtsstreit. Wie vielfältig deren Ursprung sein kann, zeigt unsere Sammlung der interessantesten Samples.
Den Anfang macht ein Schweizer Klassiker: Mit «Leider» schuf Baze einen Track, der den Sprung von der CD auf den MP3-Player geschafft hat und noch 16 Jahre später in so mancher Playlist vertreten ist. Die markante und ohrwurmverdächtige Melodie kommt jedoch nicht nur aus Bern, sondern ursprünglich aus New Orleans. Bereits 1971 veröffentlichte der Soul-Sänger King Floyd den Song «Don’t Leave Me Lonely» und legte den Grundstein für einen der bekanntesten Songs des Berner Urgesteins.
King Floyd – Don’t Leave Me Lonely (Sample bei 0:25)
Baze – Leider (ab 0:00)
Alle wissen es: Auch Papi Pap kann Samples nicht wiederstehen. Erst kürzlich verarbeitete Deutschlands Rap-Superstar Shindy gemeinsam mit Produzent OZ mehrere offensichtliche Samples in seinem letzten Album «Drama». Auch lange vorher kramte der Rapper nach Samples für seine Beats – so auch in einem seiner bekanntesten Tracks: «Sterne feat. Bushido». Das Original könnte jedoch nicht ferner von Rap liegen: Das Lied «Devuda Devuda» stammt aus der Bollywood-Filmreihe «Chandramukhi» und liefert, wer hätte es gedacht, das intensive Fundament des Shindy-Beats.
Devuda Devuda – Chandramukhi (Sample ab 0:00)
Shindy – Sterne feat. Bushido (ab 0:00)
Wer hats erfunden? Natürlich die Ami-Rapper. Der Ursprung des Raps entspricht selbstverständlicherweise auch dem Ursprung des Samplings. Der unbesiegte Rap-God Eminem verbaute zusammen mit Producer-Legende Dr. Dre ebenfalls so einige Schnipsel von weniger bekannten Songs in seinen Beats. So auch in «Crack a Bottle», der vor mehr als zehn Jahren auf dem Album «Aftermath» erschienen ist. Der Ursprung des Samples liegt auch hier an einem ganz anderen Ort. Im Lied «Mais Dans La Lumière» des israelischen Chanson-Sängers Mike Brant ist die eindeutige Melodie gleich zu Beginn zu hören, verschwindet danach jedoch vollständig. Der Sänger aus Frankreich verstarb jedoch schon in den 70ern, noch bevor er die amerikanische Interpretation erleben durfte.
Mike Brant – Mais Dans La Lumière (Sample ab 0:00)
Eminem – Crack a Bottle (ab 0:06)
Genauso ungewöhnlich ist das verwendete Sample im Track «Hate It Or Love It» von The Game feat. 50 Cent. Dieser Geheimtipp ist besonders durch seine melodische und heitere Stimmung geprägt, was beide Rapper nahtlos in ihrem Flow übernehmen. Kein Wunder lässt sich der Rhythmus so gut spüren, denn das Sample stammt ursprünglich von der US-amerikanischen Soul-Band The Trammps. Das Original versteckt sich in der Mitte des Tracks «Rubber Band» und gibt der neuen Interpretation 30 Jahre später das nötige Feeling. Eine Umsetzung, die für die vielköpfige Band in dieser Form sicherlich nicht vorhersehbar war.
The Trammps – Rubber Band (Sample ab 2:04)
The Game feat. 50 Cent – Hate It or Love It (ab 0:00)
Auch im modernen amerikanischen Rap werden laufend Samples in Beats eingebaut. Gerade weil dies so oft gemacht wird, kommt es nicht selten vor, dass gleich mehrere Produzenten sich beim gleichen Song bedienen. Beispielsweise wurde so das Lied «(If Loving You Is Wrong) I Don’t Want to Be Right» vom Blues- und Soulsänger Bobby Bland gleich in zwei bekannten US-Rap-Songs verwendet. Zuerst bediente sich Rapper Pusha-T bei Bland und schuf mit «Nosetalgia» einen Beat, der noch heute unverwechselbar ist. Ein Jahr später baute Travis Scott die gleiche Stelle in seinen Track «Mamacita» ein, interpretierte ihn jedoch deutlich weniger eigenständig.
BobbyBland – (If Loving You Is Wrong) I Don’t Want to Be Right (Sample ab 0:00)
Travis Scott – Mamacita
Pusha-T feat. Kendrick Lamar – Nosetalgia (ab 0:00)
Zurück nach Deutschland: Der Hamburger Gangster-Rapper GZUZ gehört zur Gruppierung 187 Strassenbande und damit zu einer der erfolgreichsten Rap-Gruppen der DACH-Region. Auch nicht unbekannt ist GZUZ für seinen unverwechselbaren Humor, den er gerne mal auf Instagram mit seinen Followern teilt. So hat er es sich auch nicht nehmen lassen, ausgerechnet sein Gegenteil der Nation, Herbert Grönemeyer, im Song «CL500» zu zitieren. Der Musiker singt in seinem Song «Mambo» hinter fröhlich trillernder Musik von Motoren und Autotouren – die unscheinbare, perfekte Vorlage für die Strasse. Unerwartet, aber geil.
Herbert Grönemeyer – Mambo (Sample auf 0:27)
GZUZ – CL500 (ab 0:48)
«Goldjunge» auf dem Album «Ich» war 2006 der Aushängetrack von Sido, während der Ost-Berliner ohnehin gerade auf der Überholspur war. «Goldjunge» ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie versteckt und beinahe überhörbar ein Sample auch verwendet werden kann. Beim ersten Hören fällt es nicht direkt auf, da sich das Sample diesmal nicht in der Melodie, sondern im Hintergrund versteckt. Dort lauert nämlich ein Schnipsel von der Rockband «Electric Light Orchestra» mit ihrem Song «Tightrope», das beinahe unverändert übernommen wurde.
Electric Light Orchestra – Tightrope (Sample ab 0:19)
Sido – Goldjunge (ab 0:06)
Zum Abschluss noch einmal in die Schweiz: Der Bündner Hip-Hop-Gruppe Sektion Kuchikäschtli ist es ebenfalls gelungen, ein Sample beinahe unerkennbar in ihrem Klassiker «I han» einzubauen. Das Sample der amerikanischen Sängerin Táta Vega wurde deutlich verschnellert und hochgepitcht, funktioniert jedoch wunderbar über die sich wiederholenden Drums. «I Han» ist unangefochten einer der bedeutendsten Tracks der frühen Schweizer Szene.
Táta Vega– Come in Heaven (Earth Is Calling) (Sample ab 0:02)
Sektion Kuchikäschtli – I Han (ab 0:38)