Battle-Rap-Legende Cynic bewertet das Skandal-Battle Ssynic vs. Meidi
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Battle-Rap-Legende Cynic bewertet das Skandal-Battle Ssynic vs. Meidi

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Battle-Rap-Legende Cynic bewertet das Skandal-Battle Ssynic vs. Meidi

Damian Steffen
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Battle-Rap-Legende Cynic bewertet das Skandal-Battle Ssynic vs. Meidi
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Es sollte das aufsehenerregendste Rap Battle des Jahres werden: Das «Alpha Royale Finale Toptier Takeover». Problemlos wurde das Ziel erreicht. Als Star-Juroren wurden Kollegah, Kool Savas, MoTrip und Ali As beamtet. Freude wich allerdings schnell einem brodelnden Shitstorm. Der Schweizer (Ex-)Battle-Rap-Champion Cynic, bewertet, ob dieser gerechtfertigt ist.

Das «Alpha Royale Toptier Takeover»

Die Battle-Kultur in Deutschland gemeinsam nach vorne bringen.

So erklärte Kollegah seine Vision mit seinem eigenen Turnier. Durch seine Präsenz sollte eine in Vergessenheit geratene Subkultur wieder mehr Aufmerksamkeit geniessen. Zu gewinnen gab es, neben einem Preisgeld, eine ganze Albumproduktion. Namhafte Battler reichten Bewerbung ein, um mitzumachen: Davie Jones, Ssynic, Meidi, Kato oder Yarambo.

Finale löst Shitstorm aus

In gewohnten Bahnen verlief das Turnier im K.O.-System. Ohne grosse Mühe stiessen die beiden gestandenen Battle-Grössen Meidi und Ssynic bis ins Finale vor. Mit dem Aufeinandertreffen entfachte eine Diskussion über Battle-Rap. Die Frage, welche Kriterien überhaupt bewertet werden sollten, wurde aufgeworfen. Während Ssynic auf Angriff mit zynischen Punchlines setzte, wählte Meidi selbstreflektierte Aussagen und Deep-Talk. Die Jury waltete ihres Amtes und vergab ihre Punkte ohne weiteres an Zweiteren.

Einhergehend mit dieser Entscheidung nahm auch der Shitstorm gegen die Veranstalter seinen Lauf. Zuerst rebellierte das anwesende Publikum und gab lautstark ihren Missmut zu verstehen. Grössere Dimensionen nahm die Geschichte dann an, als Ssynic auf YouTube «Auge machte». In einem fast einstündigen Statement analysierte der «Rap am Mittwoch»-Veteran das Jury-Urteil Punkt für Punkt. Die Anschuldigungen sitzen: Abgesprochene Sieger, fehlendes Verständnis für die Kunst des Battle-Raps und Unsportlichkeiten während des Wettkampfes. Öffentlichkeitswirksam provozierte Ssynic Gegner und den Kreis um Deutschrap-Star Kollegah. Die Wellen schlugen hoch: Alle Videos zu diesem Thema zählen Klicks im Hunderttausender-Bereich.

Rechtfertigungsversuche

Statements kamen prompt: Ali As liess verlauten, dass der peinliche Shitstorm nur zeige, wie engstirnig, respektlos und unwissend einige Tastaturkrieger seien. In einem mittlerweile gelöschten Video von Kollegah drückte auch er sein Bedauern aus. Es sei schade, dass sein Versuch, Battle-Rap zu pushen, nicht gewürdigt werde. Kool Savas nutzte seine Insta-Story – den Kanal für Real-Talk schlechthin –  für eine Stellungnahme.

Cynic über Ssynic

Don’t get it twisted! Denn jetzt kommt ein weiterer Akteur ins Spiel. Um die Anschuldigungen auf Gültigkeit zu bewerten, haben wir uns den Quasi-Namensvetter vom vermeintlich gelinkten Ssynic ins Boot geholt: Der Schweizer Battle-Rap-Champion Cynic hat bereits jedem aus der Szene lyrisch die Hosen runtergelassen. Durch jahrelange Erfahrung aus dem Bonker Inferno und dem Schweizer Ableger des VBT, weiss der Rapper, wie man Gegner im Battle anzupacken hat. Der mittlerweile als Komiker tätige Ex-Rapper zeigt uns seine Sicht auf Shitstorm, Schiebungsvorwürfe und die Schweizer Szene.

Zuallererst: Wer hat in deinen Augen das Battle gewonnen?

Ich habe es nicht ganz so eindeutig gesehen, wie viele andere. Unter dem Strich würde ich mich aber auch für Ssynic entscheiden.

Was hat dich gestört im Battle?

Naja, gestört hat mich nichts wirklich. Die heiss diskutierten Themen, wie das Reinreden von Kollegah etc., waren – vor allem im internationalen Vergleich – eher harmlos.

Ssynic erhebt den Vorwurf, dass die Judges falsche Kriterien anwenden würden. Welche Kriterien sollten in deinen Augen in einem A-Cappella-Battle zählen?

Eigentlich ergeben sich die Kriterien ziemlich logisch aus der Sache selbst. Schliesslich reden wir ja nicht über Malewitschs Schwarzes Quadrat oder so.Bei einem A-Cappella-Rap-Battle gibt es im Grunde nicht mehr zu bewerten als: Wer (1) sagt was (2) wie (3) zu wem (4) und in welchem Kontext (5)? Mit diesen fünf Grundkriterien kann man jedes Battle fair bewerten. Wobei die Bewertung hauptsächlich durch das „wie“ an Komplexität gewinnt.Was in einem A-Cappella-Battle hingegen auf keinen Fall in die Bewertung einfliessen sollte, ist, wer auf einem Album oder Song besser klingen würde! (lacht)

Hast du auch schon erlebt, dass die Jugdes «falsche» Gesichtspunkte beachten?

Beim Bonker Inferno war es etwas anders. So iel ich weiss, waren nicht alle Juroren live dabei bei den Battles. Ich glaube, sie haben die Video-Aufnahmen zugespielt bekommen und fällten ihre Entscheidung für sich bzw. in einer Beratungsrunde unter den Juroren. Erst Monate später wurde das Endergebnis dann bei der Preisverleihung bekanntgegeben. Man erfuhr auch nicht wer für wen und warum gestimmt hatte, daher kann ich nicht sagen, wem welche Kriterien wichtig waren.

Siehst du auch unfaires Verhalten der Judges während des Battles oder sind die Reaktionen wie Zwischenrufe oder Reden gängig?

Das kann man so oder so sehen. Ein Unbeteiligter sollte grundsätzlich nicht reinreden. Vor allem dann nicht, wenn man selbst zu den Organisatoren des Battles gehört und einer der Juroren ist.Andererseits ist das kein Poetry Slam und die Juroren keine Mauerblümchen, die verbale Sticheleien einfach auf sich sitzen lassen. Wenn man es als Rapper darauf anlegt, dann muss man damit rechnen, dass der andere nicht ruhig daneben stehen bleibt. Solch ein „mutiger“ Schachzug kann dir in einem Battle viele Punkte einbringen, aber wenn du dich dann verunsichern lässt, stehst du umso schlechter da. Wenn du zuerst einen auf Maximus Decimus Meridius machst von wegen «ich lehne mich gegen den Imperator auf», dann musst du es durchziehen, selbst wenn er dir antwortet oder gar droht. Sonst entpuppt sich die anfangs mutige Stichelei gegen einen grossen Namen und Organisator des Battles lediglich als Bluff.

Ist es nur ein Fehlentscheid oder vermutest auch du Schiebung? Warum?

Das Einzige, was wirklich als falsches Kriterium zu nennen ist, war Kollegahs Beurteilung der Teilnehmer nach musikalischen Fähigkeiten, also wer besser für eine Albumproduktion geeignet wäre. Völliger Schwachsinn in einem A-Cappella-Battle danach zu gehen, weil es das ganze Turnier fragwürdig erscheinen lässt. Wieso sucht man ein musikalisches Talent in einem Wettbewerb, bei dem die Musik keine Rolle spielt? Wenn man auf Flows und Technik steht, kann man das ja auch im A Cappella mitbeurteilen, aber von Musik sollte nie die Rede sein.Alle anderen Meinungen sind – wenn auch nicht immer ganz nachvollziehbar – so zu akzeptieren. Aufgrund von Ssynics Abbruch in der dritten Runde und vor allem seiner eingeschnappten Reaktion kann ich es verstehen, wenn man ihm dafür mächtig Punkte abzieht.Aber wenn man Meidis Punkte zusammenzählt, kommt man dennoch auf eine schwächere Leistung als die seines Gegners. Realtalk und Selbstreflektion sind schön und gut, aber wirklich zählbar ist dabei nur der Aspekt, dass er seinem Gegner damit den Wind aus den Segeln nehmen möchte. Das mag die Angriffe des Gegners schwächen, aber wenn man dann selber nicht stark genug attackiert, reicht es meiner Meinung nach nicht für einen Sieg. Wieso geht man überhaupt in ein Battle um eine Predigt über seinen Sinneswandel und seine neuen friedfertigen Grundsätze zu halten?

«Man darf die Crowd nicht überbewerten.» Was denkst du zu dieser Aussage von Kollegah?

(lacht) Das war richtig unüberlegt. Hinzu kommt ja, dass er in seiner gesamten Rede viel zu lange hin und her gemacht hat und versucht hat, Spannung aufzubauen. Das Battle war ja schon lange entschieden. (lacht) Darüber lacht er bestimmt selber im Nachhinein.Und sich dann vor einem Publikum zu stellen, dass gefühlt zu 90% hinter Ssynic stand und zu fragen, was ihre Meinung sei, nur um mit «Ssynic»-Chören konfrontiert zu werden und zu sagen, dass man «die Crowd nicht überbewerten darf»? Das war schon etwas peinlich.

CH-Battlerap: Braucht die Schweiz ein Revival mit neuen Formaten?

Ach, das kann ich nicht sagen. Ich weiss nicht, ob es das braucht. So stark scheint es ja niemandem zu fehlen. Deshalb habe ich mich mittlerweile damit abgefunden, dass nichts mehr läuft. Sehr schade eigentlich. Ich verstehe ja, dass es enormen Aufwand bedeutet, so etwas auf die Beine zu stellen, aber ich würde es mir wünschen, dass A-Capella-Battles oder andere Battle-Formate wieder kommen würden. Man müsste meiner Meinung nach einiges anpassen, was bisherige Regeln, Turniermodi und vor allem die Live-Veranstaltung und die Monetarisierung anbelangt, um es wirklich gross zu machen. Aber da gibt es international super Vorbilder und es wäre definitiv mega cool, sowas auch bei uns zu haben.

Wer ist dein Favorit-Battlerapper?

Ich habe keinen bestimmten Favoriten. Da gibt es einfach zu viele, die in bestimmten Aspekten unfassbar stark sind. Mein Herz schlägt meist für Underdogs, die die Szene neu aufmischen oder gegen augenscheinlich stärkere Gegner brillieren.

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