Trap, Sizzurp, Flow – schon funny, was einige Frauenfeld-Besucher unter den HipHop-Elementen verstehen. Dementsprechend gross war der Aufschrei in der Oldschool- und Backpacker-Community, die aufgrund der zunehmenden Dominanz von Trap vom Verfall der Werte spricht, für die HipHop einst zu stehen schien. Das Video schaffte es sogar bis nach Deutschland in den Podcast von Falk Schacht und Jule Wasabi, wo es kontrovers diskutiert wurde. Kritik wurde nicht nur an den Festivalgängern geübt, sondern auch das LYRICS Magazin wurde dafür kritisiert, mit zu viel Trap-Berichterstattung den eben angesprochenen Werteverfall zu beschleunigen wie 1 Brandbeschleuniger (skurr). Zeit für eine Stellungnahme: Muss man die vier Elemente kennen, wenn man sich als wahrer HipHop-Fan bezeichnen möchte?Es gibt gute Gründe dagegen. Wenn man von den «vier Elementen» spricht, denkt der Naturwissenschaftler dabei an Feuer, Wasser, Erde und Luft – unveränderliche Pfeiler des Lebens auf unserem Planeten. So einfach ist das bei HipHop nicht: Zwar waren Breakdance, Graffiti, DJing und Mcing in der Anfangsphase eng miteinander verbunden, haben sich als Disziplinen jedoch sehr unterschiedlich entwickelt. Während Graffiti und Breakdance in kleinen Subkulturen stattfinden, hat Rap mittlerweile die Charts geentert und andere Musikstile wie Rock und Techno vom Podium geschubst. Von der Fashion-Gala über den Büro-Alltag bis hin zu gefüllten Stadien: Rap findet in den verschiedensten Kontexten statt und hat dementsprechend vielfältige Blüten entwickelt.https://www.facebook.com/LYRICSmgzn/videos/1929903117062226/HipHop war in der Anfangsphase eine sehr spontane und alternative Kultur, vieles ist durch Zufall entstanden. Es ist schwer vorstellbar, dass Afrika Bambataa und Konsorten sich eine HipHop-Polizei wünschten, die neue Vibes und Bewegungen im Keim ersticken sollte. Sie dachten progressiv, haben wie Lil Uzi Vert und Lil Peep mit Konventionen gebrochen und waren das absolute Gegenteil von «hängengeblieben». HipHop ist eine offene, dynamische Kultur, die Toleranz vorlebt und Vielfalt akzeptiert. Mit derselben Skepsis, mit der heute Trap betrachtet wird, begegneten «echte Rap-Fans» dem aufstrebenden Gangsta-Rap von NWA. «Echte» HipHop-Fans halten Altes in Ehren, akzeptieren gleichzeitig aber auch die Koexistenz von neuen Trends. Sie sind openminded, tolerant und keine dogmatischen Bibelschüler.Gleichzeitig ist die Kritik an der Geschichtsvergessenheit der Generation Sizzurp berechtigt, wenn man HipHop nicht als Musikrichtung, sondern als Kultur und als Lifestyle versteht.HipHop bedeutet Toleranz und Weltoffenheit, die Musik war aber auch immer politisch und reflektiert. Selbst im Gangsta-Rap wurde auf gesellschaftliche Misstände hingewiesen. Die HipHop-Community hat rote Linien gezogen: Gegen rechts, gegen Spiessertum, gegen Belanglosigkeit. Die vier Elemente sind Symbole für diesen Mindset, für die wichtigen Werte der HipHop-Kultur. Vergisst man, wo HipHop herkommt, ist es ein Leichtes, diese Haltung zu verlieren.Wenn Rap die Charts kapert, schwingt auch immer die Gefahr mit, dass Rap von Schlager und Pop gefressen und zweckentfremdet wird. Die Diskussion sollte sich also nicht darum drehen, ob junge Leute «B-Boying» von «Breakdance» unterscheiden können, sondern ob sie wissen, wofür HipHop steht – und ob sie bereit sind, diese Werte zu leben.Text: Luca Thoma