Fatoni reagiert auf Pronto, Skor und LCone
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Meet CH-Rap

Fatoni reagiert auf Pronto, Skor und LCone

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2020

Meet CH-Rap

Fatoni reagiert auf Pronto, Skor und LCone

Moritz Wey
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Fatoni reagiert auf Pronto, Skor und LCone
Quelle:
Philip Welchering
Fatoni spielte im Rahmen seiner «Andorra»-Tour im Zürcher Exil. Eine gute Gelegenheit, dem Rapper und Schauspieler Schweizer Rap vorzuspielen. In unserer Rubrik «Meet CH-Rap» zieht er sein Fazit über einige Schweizer Urban-Artists.

Fatoni ist ein Antiheld, ein unfassbarer Typ, der, obwohl er sich auf unterhaltsame Weise mit sich selbst beschäftigt, stets mehr Fragezeichen aufwirft, als Antworten liefert. Schon seit zwei Jahrzehnten dabei, ist der Münchner zum festen Bestandteil der Künstler-Bubble geworden, die abseits vom Streaming-Rap gefeiert wird. Ein Feuilleton-Freund quasi, der sich geniale Konzeptsongs ausdenkt, diese auch musikalisch vielseitig performen kann und eigentlich vor allem darin stark ist, sich selbst zu verarschen. Obwohl er sich wohl für die meisten seiner Fans darin auszeichnet, eine Alternative zum momentan Zeitgeist («Clint Eastwood») zu bieten, hat er nichts mit hängengebliebener Verschlossenheit zu tun. Dafür arbeitet er viel zu gerne mit diversen Musikern und Produzenten zusammen – seien sie poplastig, Verfechter des Boombap oder dem Trap zugewandt.

Mit «Andorra» hat er im letzten Sommer ein dichtes Werk abgeliefert. Als ewiger Loser stellt er sich den grossen Fragen, scheitert aber bei alltäglichen Aufgaben. Wie der Schauspieler, der er eine Zeit lang beruflich war, denkt er sich in arg viele Szenarien ein. Sei es sein jüngeres, kiffendes Ich, seine Faszination für Dieter Bohlen oder seine Liebe für den auf ihn zugeschnittenen Algorithmus. Hinter all der Ironie drückt dabei immer wieder eine Ernsthaftigkeit hervor, die der Platte gut tut.

Bei seinem Tourstopp im Exil treffe ich den etwas geräderten Mann zum kurzen «Reaction-Format». Obwohl er zuvor einen «Day off» hatte, wirkt er nicht besonders ausgeglichen und switcht gerne zwischen sarkastisch und ernst – seine Ambivalenz ist wohl Name und Programm. Zudem erzählt er mir, warum er überhaupt Konzerte in der Schweiz spielt.

Pronto – «Push Talk»

Kurz, aber irgendwie catchy und geil. Geile Stimme!

Passt er in dein Konzept der zeitgeistigen Rapper aus deinem Song «Clint Eastwood»?

Mhm, für das habe ich den Text wohl zu wenig verstanden – aber wahrscheinlich schon.

Bei «Clint Eastwood» geht’s ein bisschen darum, dass du eben nicht mehr der Jüngste und «Gehypteste» bist oder sein kannst. Was sind Vorteile daran, dies nicht mehr sein zu müssen?

Natürlich will man das ja trotzdem auf eine Art sein. Klar ist es befreiend, nicht mehr jedem Hype hinterherrennen zu müssen. Ich denke auf jeden Fall nicht mehr so viel darüber nach, was andere denken. Ich bin schon freier als früher.

LCone feat. davey6000 –  «Scheissegal»

So Sauf-Rap, oder? Das ist schon gut gemacht, aber nicht so mein Fall. So ein klassischer Poser-Song mit den Atzen halt. Alles was ich verstanden habe, fand ich eher eklig.

Der Song tanzt wohl ein bisschen aus der Reihe. LCone ist ansonsten eher dafür bekannt, über sich selbst lachen zu können – eigentlich so wie du. Diese Fähigkeit zeugt laut einer Studie für hohe Werte in den Dimensionen des psychischen Wohlbefindens wie Glück, Freude oder Geselligkeit. Einverstanden?

Bei mir ist’s eher nur Geselligkeit. Der Rest ist eher so – geht so… leider.

Hainan «Siedlig»

Finde ich schon ganz geil. Läuft das unter Rap? Ist ja auch scheissegal. Klingt wie ein guter Juicy-Gay-Song. Ist das Bern? Ach da geht’s irgendwie um die Stadt und wie sie sich verändert… Solche Songs sind ja oft peinlich, aber der ist gut gemacht. Ich habe früher auch Songs über München gemacht, die sind im Nachhinein betrachtet aber nicht geil. Wenn solche Songs gelungen sind, höre ich das echt gerne.

Dein Song «Mitch» geht gefühlsmässig auch zurück in die Vergangenheit. Du erzählst die Geschichte eines Suchtkranken. Es geht im weitesten Sinne um Lebensentwürfe. Wie würdest du Glücklich-Sein definieren?

Das weiss ich nicht. Glück ist ein vorübergehender Zustand – so wie ein High. Wenn die Leute vom Glücklich-Sein reden, dann meinen sie damit einfach, dass sie zufrieden und sorglos sind – dass es ihnen gut geht.

JAMAL «Was jetzt»

Wie ist das so mit Rap in der Schweiz: Kann man davon leben?

Nur ganz wenige. Jamal rappt, er habe den Lifestyle, bestehend aus Drogen, Frauen, etc., überschätzt – daher die Ernüchterung. Auch wenn du keine 20 mehr bist: Kannst du dem irgendwie nachfühlen?

Kann ja mal geil sein, ein solcher Lifestyle, aber auf Dauer ist das alles nix (grinst sarkastisch). Er ist ja ein gutaussehender, junger Typ. Der kann sich ja noch ein paar Jahre gönnen. Wo ist sein Problem? Will der jetzt schon Kinder kriegen oder wie (grinst)? Nein, der Lifestyle ist schon echt anstrengend. Wir sind jetzt länger auf Tour… da macht man dann doch immer wieder Dummheiten. Obwohl man morgens noch denkt: «Oh Gott, kann ich das überhaupt?», ist man abends wieder betrunken und plötzlich irgendwo in der Stadt. Aber das ist ja auch geil und alles freiwillig. Ich bin 35, da muss man schon ein bisschen die Waage halten.

Wie ist denn das so mit deinem Rap in der Schweiz: Kannst du davon leben?

Guck mal, diese ganze Produktion mit dem Licht und allem kostet echt viel Geld. Wenn ich dann hier vor 200 Leuten spiele, ist es für mich, wenn ich Glück habe, ‘ne Null-Nummer. Würde ich Geld verdienen wollen, müsste ich eine Zwei-Mann-Rap-Show spielen. In den grossen deutschen Städten verdiene ich dann wieder, deshalb ist alles okay. Hierherzukommen ist wirklich eine Entscheidung für die Leute, die mich hören wollen und damit es irgendwann hoffentlich auch hier grösser wird. Auch wenn es diesmal nicht mehr sind als vor zwei Jahren.

Krass, das war mir nicht bewusst.

Die Schweiz ist auch echt superschwierig: Nura zum Beispiel – in Deutschland mittlerweile echt ein Star – hat auch im Exil gespielt. Bei den Orsons ist es dasselbe. Nur weil du in Deutschland grösser wirst, heisst das noch gar nichts. Österreich ist da schon ähnlicher wie Deutschland, aber die Schweiz ist einfach anders. Voll okay – man kann froh sein, darf man überhaupt in andere Länder reisen und spielen. Das ist ein Riesenprivileg. All die Jungs, die du mir zeigst, sind gute Rapper und können nicht davon leben, weil das Land so klein ist.

Skor –  «I de Schwiiz»

Ist der bekannt hier?

In der Szene schon – und hier in Zürich auch darüber hinaus. Der Song lief auch im Radio.

Finde ich voll geil. Gefällt mir gut – auch wenn ich die politischen Zeilen nicht so ganz verstehe. Für mich ist es eine Königsdisziplin – und deshalb mache ich es auch kaum – so kitschig-grosse Rap-Songs zu schreiben. Für mich scheint er einer zu sein, der das kann.

Als ich den Künstler interviewte, hat er mir unter anderem auch von seinen Panikattacken erzählt. In deinem Song «Ich glaub mit mir stimmt was nicht» erzählst du von einer solchen. Wie war das Feedback auf diesen Track?

Die Allermeisten finden den Song total witzig und lachen darüber, was ich auch begrüsse. Der sollte so sein. Spannend ist, dass es auf der ganz anderen Seite immer wieder Reaktionen von Menschen gab, die sich ab dem Song ernsthaft Sorgen um mich machten und mir helfen wollten. Das war so halb-unangenehm. In meiner Bubble, oder sagen wir in der Künstler-Szene in Berlin, ist das längst kein Tabu-Thema mehr. Ich hatte ein paar solcher Attacken in meinem Leben, zurzeit habe ich aber nicht damit zu kämpfen und finde es auch überhaupt nicht speziell, darüber zu sprechen.

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