Der Cypher kassiert grossen Shitstorm
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April
2022

Diskriminierungsvorwürfe:

Der Cypher kassiert grossen Shitstorm

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2022

Diskriminierungsvorwürfe:

Der Cypher kassiert grossen Shitstorm

Luca Mosberger
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Der Cypher kassiert grossen Shitstorm
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Nicht zum ersten Mal löst der Virus Bounce Cypher Kontroversen aus. Doch dieses Mal sorgten grobe diskriminierende Äusserungen seitens der Artists für einen derart grossen Backlash, dass Veranstalter und Rapper sich nun erklären müssen.

«Din Vater treit Leggins mit Buchnabelpiercing», «Ich bin en goddamn Pimp, turn’ die Lesbä straight», «Sie lutsched wie Faggots», «Während mini Eier wachsed, wachst dir en Cameltoeeeeeee!» - Solche Lines der Cyphergäste stiessen am Donnerstag auf grossen Unmut bei vielen Zuschauer:Innen. Schon in der Vergangenheit wurde bereits heftig diskutiert, ob eine öffentlich finanzierte Sendung wie der Cypher homophoben und sexistischen Lines eine Plattform bieten dürfe. 2022 sieht sich SRF Virus erneut wieder mit harten Vorwürfen konfrontiert.

Aktuell kursiert eine Compilation von grenzwertigen und grenzübertretenden Lines der Künstler am Cypher. Im Video dabei sind Zeilen von Semantik, Lexi, Steezo, Sulaya, Danase, Mc Hero, Soldi, Rmano, Skinny Stylus, Jule X, Limmitt, REZA, Tilt, Tarick One, EmmEtno, Reevah, Milchmaa und 24Dias. Das besagte Video wurde vom Instagram-Account @srfarchiv erstellt, bei welchem es sich nicht tatsächlich um einen Account des SRF, sondern um eine Memepage handelt. Das Video hat mittlerweile über 24'000 Aufrufe und über 250 Kommentare gesammelt, die sich vor allem empört über die im Video wiedergegebenen Aussagen der Rapper zeigen. Auch die ersten Künstler beziehen nun Stellung: Sulaya, dem bereits im Studio von Moderator Pablo Homophobie vorgeworfen wurde, erklärte in der Kommentarsektion seine Line erneut.

Ebenso kommentierte Milchmaa unter dem Post, der seinen seiner Meinung nach unberechtigten Auftritt in der Compilation erklärte. Dieser diskutierte ausführlich mit dem oder der Administratorin, weshalb er seine Zeile nicht für homophob hält.

Auch kommentierte der nicht im Video erwähnte Morow, der sich mit der Botschaft einverstanden zeigte und die Aussagen der Artists in einem Komentar als «wirklich sehr ekelhaft» beschrieb. Das Video wurde ausserdem von weiteren Cypher-Teilnehmern geliket, unter anderem Moony, Che$ter, LOU KAENA, so wie auch Reevah und Jule X, die beide selbst in der Compilation vorkamen.

Nicht nur der Cypher selbst, sondern auch die diesjährige Nachbesprechung mit Pablo, Mira Weingart, La Nefera, Mc Hero und Semantik musste Kritik einstecken: Letzterer meinte nämlich, er sei müde davon, über Homophobie im CH-Rap zu diskutieren und das Thema sei doch langsam abgeschlossen und irrelevant. Dies sahen Pablo und Mira ganz anders, und der folgende Shitstorm sollte ihnen rechtgeben. Eher waren viele im Publikum müde davon, Homophobie und Sexismus noch immer in den Verses der Rapper zu hören. In der darauffolgenden sechsminütigen Diskussion beschwerte sich auch Mc Hero über die erhöhte Sensibilität der Hörer:Innen und Semantik droppte das berühmte «Ich habe schwule Freunde»-Argument. Das Thema wurde dann aber relativ schnell wieder gewechselt.

Nun äusserte sich auch Bounce-Moderator Pablo zur Kritik, die er als berechtigt empfindet. Nur zu den Vorwürfen, er hätte die Künstler live stärker kritisieren müssen, verteidigte er sich: Er könne bei 86 Teilnehmer:Innen nicht jedes ihrer Worte auf die Waage legen und vor Ort entscheiden, wo die Grenzen liegen. Die diskriminierenden Aussagen am Cypher bezeichnete er als «zum Kotzen» und «Lazy Pen Game», schwul sei kein Synonym für scheisse, weiblich keines für schwach. Er wolle den Rapper:Innen keine Vorgaben machen, was sie am Cypher sagen dürfen, und hoffe, die Szene würde sich selbst regulieren. Ebenfalls beteuerte er, wie sehr er diesen Event und die CH-Rap-Szene liebe und dass ihm die Kritik sehr nahe gehe. Er würde alles daransetzen, dass der Cypher seine Probleme lösen und wieder stattfinden kann. Diese Botschaft deckt sich auch mit dem heute von SRF Virus selbst releasten Statement:

«Der #CYPHER22 ist Geschichte und gibt auch in diesem Jahr viel zu reden. Uns erreichen Nachrichten betreffend diskriminierenden Zeilen in Parts von Rapper:innen. Wir sind uns dieser Problematik bewusst und arbeiten stetig daran, Platz für Sensibilisierung und Diskurs zu schaffen. Sei dies direkt am Cypher selbst oder in Formaten wie «Bounce» oder «Enter the Circle». Auch zukünftig wollen wir uns dafür einsetzen, Diskriminierung in jeglicher Form entgegenzuwirken. Der Cypher ist ein Ort, an dem das ganze Spektrum der Schweizer Rapszene zusammenkommt und es gehört zu unserem Auftrag, die Bandbreite dieser Kultur zu zeigen und nicht zu zensieren. Wir nehmen Feedback dankbar entgegen und unsere Pflicht, den Cypher zu einem besseren Ort zu machen, sehr ernst.»

Auch wenn sich viele sich über mangelndes Engagement der Plattform gegen Diskriminierung beschweren, eine starke Veränderung zu vergangenen Cyphers ist klar zu erkennen. Noch nie hatte der Cypher ein so diverses Lineup und auch so viele antidiskriminierende Zeilen wie dieses Jahr. In Erinnerung bleibt zum Beispiel der queere Artist Dibby Sounds aus Genf, der mit hässigen Bars auf homophobe Hörer:Innen schoss. Doch liest man die Reaktionen des Publikums zum gesamten Abend, ist eindeutig doch noch nicht genug passiert.

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