The Next Generation – Wege in eine neue Ära
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September
2018

The Next Generation – Wege in eine neue Ära

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2018

The Next Generation – Wege in eine neue Ära

The Next Generation – Wege in eine neue Ära
Quelle:
 Exklusiv: Wir widmen die neue LYRICS-Ausgabe, die diesen Freitag erscheint, unserer CH-Rap-Zukunft. Es ziert kein aktueller Shooting-Star, keine Legende und kein prägendes Movement das Cover dieser Magazin-Ausgabe. Dieses Cover ist für einmal keine Momentaufnahme, sondern eine Prophezeiung – und zugleich eine positive und euphorische Gegenreaktion auf herrschende Ernüchterungstendenzen.Weshalb sollten Erwartungen gebremst, Visionen gekillt und Ernüchterung statt Durchbruch prophezeit werden? LYRICS packt also drei Acts auf das Cover, die repräsentativ für eine neue Generation stehen, die Schweizer Rap in absehbarer Zeit prägen und weitertragen sollen – vielleicht sogar über die Landesgrenzen hinaus. Aber wo ist der Realismus und die Bescheidenheit geblieben? Wir sind uns natüröch über den Rahmen, in dem sich unser Subgenre bewegt, bewusst. Hier gibt es keine Millionäre, keine Stars, keine breite Hörerschaft und in vielen Kreisen sogar wenig Kulturverständnis. Auch ist uns klar, dass das Rap-Jahr 2018 im Vergleich zu den letzten Jahren bis anhin eher dürftig ausgefallen ist. Die grossen Releases blieben – geschweige denn einem Game-Changer, der ein weiteres Level freigeschaltet hat – aus. War in dieser Blase bloss heisse Luft? Ist CH-Rap verspätet an den Trends vorbeigehinkt? Der CH-Rap-Opa nutzt die Chance der Frustration, schreitet gleich zur Ernüchterung und badet seine Argumente im Pessimismus. Doch weshalb diese Kleindenker-Mentalität nicht einfach zerschlagen und den Mindset teilen, der besagt, dass Schweizer Rap, gebrochen von Normen und ohne Grenzen im Kopf, so weit wie nur möglich gebracht werden sollte? Denn wenn wir nicht daran glauben, kann ich den Artikel auf der Stelle beenden und den Laptop zuklappen. Doch dem ist nicht so – zum Glück. Vier Künstler liefern mir Gründe, um weiterzuschreiben.

Die Künstler heissen Jamal, COBEE und L Loko & Drini. Sie alle haben noch keine grosse Diskograpahie, keine Meilensteine für CH-Rap bewegt und liefern dem Leser wohl mehr Fragen statt Antworten. Sie unterscheiden sich in ihrem musikalischen Background, ihrem Umfeld und ihrem Soundbild. Eines haben sie aber gemeinsam – sie alle verkörpern die Generation, die Unmenge an Talent vereint und einen grenzenlosen Mindset mit sich bringt. Vier Künstler, die bereit sind, ihre Leiter auf das Fundament zu stellen, um ihren Künstlergeist bald in neue, höhere Sphären stecken zu können.

Eben, dieses Fundament

CH-Rap hat in den letzten vier Jahren gewaltige Schritte nach vorne gemacht. Hat man unser Magazin seit Beginn an verfolgt, liest man den Fortschritt des Genres, kennt man die Gründe und Indikatoren. Das berüchtigte Golden Age der frühen 00er-Jahre, dem man so lange nachtrauerte, konnte man endlich verarbeiten und gleichzeitig akzeptieren, dass die Zeiten, in denen Sektion Kuchikäschtli, Chlyklass und Breitbild durch die ganze Schweiz getourt sind, erste Goldplatten für unser Genre sammelten, die Fahne für eine erstarkte Szene hochhielten und dem CH-Rap erstmals Identität verliehen, vorbei sind. Diese Erkenntnis war auch nötig. Denn die Identität, die sie vor zehn Jahren in der Schweiz geschaffen haben, war später vielen jungen Menschen fremd. Das Schaffen dieser Pioniere war so prägend, dass die nachkommende Rap-Generation nicht im Stande dazu war, das Gesicht von CH-Rap zeitgenössisch umzuzeichnen. Mit dem Laufe der Zeit hat sich auch der Mindset junger Menschen gewandelt, HipHop hat alte Muster durchbrochen und neue Formen angenommen. Über die letzten vier Jahre haben zum Glück viele Künstler wieder Türen und Schubladen geöffnet und ein neues Fundament erbaut. Sie haben es geschafft, erfolgreich mit Identifikationsfesseln um sich zu werfen, um die verlorene Jugend wieder zu erreichen. Und das ist essentiell, denn schliesslich ist und bleibt HipHop eine Jugendkultur. So erhebe ich den Zeigefinger für alle, die sich schon nach diesen Zeilen in ihrer HipHop-Ehre angegriffen fühlen. Lasst die Jugendkultur eine Jugendkultur bleiben. Die Jugend entscheidet selbst, wie sie HipHop auf sich wirken lassen und wie sie HipHop mitformen möchten. Nicht die Jugend macht HipHop kaputt, sondern das konservative Erwachsenwerden verzerrt die eigentliche Werte, die einmal vorbildlich gepredigt und vorgelebt wurden. Künstler wie S.O.S oder XEN zeigen es vor: Sie repräsentieren HipHop in ihrer reinsten Form. Trotzdem haben sie das Subgenre musi-kalisch in neue Richtungen gelenkt, neue Wege aufgezeigt und Impulsschläge verliehen. Gleichzeitig sind sie Pioniere – denn sie sind nicht nur Rapper, sondern Characters mit Ausstrahlung und einem immensen Identifikationspotenzial. Genau das, was Rap in der Schweiz heute verkörpern muss. Dank Künstlern wie ihnen ist es jungen Artists wie COBEE, Jamal und L Loko & Drini überhaupt möglich, so weit und so gross zu denken.

Die verlorene Generation greift an

Wo sich alle drei Acts in ihren doch sehr unterschiedlichen Backgrounds wieder zusammenfinden, ist der Fact, dass auch sie sich nie mit Schweizer Rap identifizieren konn-ten. Sie waren Teil dieser verlorenen Jugend. Zu urchig, zu uncool, zu schweizerisch– keine Werte, die sie als Rap-Fans mit ihrem Lifestyle und ihrer Sicht auf das Leben vereinbaren konnten. Der Einfluss und die Inspiration kamen aus Übersee. Dort wo Rap weiterentwickelt, die Kleindenker-Mentalität zehntausend Kilometer entfernt war und die Attitude dementsprechend fresher und die Überzeugung tiefer. Sie kennen die Namen und Helden, die die ersten Kapitel dieser Schweizer Rap-Geschichte geschrieben haben, gar nicht. Und das ist auch nicht verwerflich. Denn trotzdem sind sie heute Teil dieser Kultur und versuchen, die Geschichte weiterzuführen und mitzuprägen. Und genau das beweist, dass die Schweiz mittlerweile internationale Herangehensweisen und Einstellungen adaptieren konnte und bald all das mitbringt, was sich ein junger Rapper und Fan wünscht.

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