Jung ÄM – Newcomer in zwei Welten
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Jung ÄM – Newcomer in zwei Welten

Sergio Scagliola
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Jung ÄM – Newcomer in zwei Welten
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In knapp vier Jahren eine Entwicklung vom Neo-Boombap-Rapper zum kreativen Newschool-Newcomer durchzumachen, ist bemerkenswert. Jung ÄM hat sich in den letzten Jahren zu einem spannenden Geheimpick in verschiedenen Subgenres gemausert – und scheint nun einen kleinen Hit davon entfernt zu sein, sich fest in der schweizerdeutschen Rap-Landschaft zu verankern.

Es ist kein musikalischer Katzensprung von Collab-Tapes mit Sigi MC und Urgestein DJ Jesaya zu intensiver Mitarbeit an Cinnays diesjährigem Debütalbum «Supernova». Mit nur 24 Jahren hat Jung ÄM eine nicht unbeachtliche Menge an Projekten mit bemerkenswerter musikalischer Spannweite veröffentlicht. Diese Spannweite erstreckt sich von der oben genannten zweiteiligen Kollabo-Tape-Serie «ZüriMachts» in klarer Oldschool-Ästhetik über eine musikalische Neuerfindung auf der 2018 erschienenen Jung ÄM EP bis zu den spacey, netrum-records-typischen Singles mit Cinnay & co. Jung ÄMs Musik scheint eine sehr grosse Experimentierfreudigkeit ohne Hemmungen bei Implementierung neuer musikalischer Elemente zugrundezuliegen. Das verwundert nur bedingt, wenn man Jung ÄMs Background als Drummer kennt. Als Kind einer Musikerfamilie ist ein sehr weiter musikalischer Horizont essenziell für das, was Jung ÄM jetzt macht. In seiner Musik entsteht so eine Unberechenbarkeit in dieser sehr grossen Versatilität Jung ÄMs.

Auch die diesjährig erschienenen vier Singles teilen gewisse Gemeinsamkeiten, zeigen aber jeweils immer wieder andere Facetten und musikalische Einflüsse des Zürchers, vom nonchalanten Flow und sehr selbstsicheren, wenn auch witzigen Lyrics auf «Five Stars» zum reflektierten, ruhigeren «Love zu deep», wo Jung ÄM auf der Hook direkt beweist, dass ihm melodiöse Tracks gut liegen. Wie kommt es, dass ein eher junger Künstler innert nur drei Jahren mit diversen Leuten, in verschiedenen Städten und abweichenden Subgenres immer wieder kleine Akzente setzt?

Jung ÄM: Seit 2017 ist extrem viel passiert. Der wichtige Startpunkt ist wohl schon die ZüriMachts-Zeit mit Sigi MC, in welcher wir sehr viel Liveerfahrung sammeln konnten, vor Allem im kleineren Rahmen. Wir konnten ziemlich viele Gigs klarmachen, was sehr lehrreich war. Das war auch definitiv eine andere Zeit für mich in Bezug auf Musik, an welcher ich mich orientiert habe – Ich war an vielen Jams dabei, an Cyphers. Die Konsumenten dieser Musik waren auch viel stärker im Boombap-Sektor anzuordnen. Wir haben viel mit DJ Jesaya gemacht, der uns viele Gigs eingeholt und uns wirklich stark in unserem Live-Game gefördert hat.

Und dann der Wandel?

Genau. Der musikalische Wandel ist mit der Jung ÄM EP gekommen, die ich mit meinem jetzigen Producer, O12, gemacht habe. Das hat dann auch eine völlig neue Zielgruppe erreicht, Stereo Luchs ist schliesslich darauf aufmerksam geworden und so habe ich dann auch den Zugang zu beispielsweise SRF Virus bekommen. Für mich ging das einher mit einem ziemlichen Umdenken in meinen Zielen. Ich habe eine viel internationalere Sicht bekommen, sicherlich auch durch die UK-Connections von O12. Er selbst hatte auch eine Veränderung durchgemacht – war zuvor eher im Technobereich tätig, hat den Switch gemacht und direkt ein Octavian-Placement landen können. Dazu kommt, dass ich viel mehr gewagt habe – Autotune und Gesang war bis dahin etwas, das für mich eher schwierig umzusetzen war, weil ich doch fest in der Rap-Schiene verankert war, obwohl ich gerne gesungen habe. So hat dann das eine zum anderen geführt.

Wenn man sich deine Diskographie durchhört, ist doch ein ziemlicher Unterschied in verschiedenen Soundbildern zu merken. Vom Songtitel «Bisch du real?» zum Newschool sozusagen. Hast du irgendetwas in deiner Fanbase gemerkt, als du diesen musikalischen Wandel durchgemacht hast? Geht das den Leuten gegen den Strich?

Das ist tatsächlich zumindest ein Gedanke, der mich ziemlich lange begleitet hat, auch in der Zeit bevor die Jung ÄM EP herausgekommen ist. Als «ZüriMachts» herausgekommen ist, war es auch schon ein Jahr fertiggestellt und in diesem Jahr hatte sich viel verändert. Aber ja, am Anfang habe ich definitiv einen kleinen Shift in meiner Fanbase gespürt. Nicht, dass mir Leute den Rücken zugedreht hätten, mehr im Sinne von «Wieso diese Veränderung?». Es hat natürlich auch eine neue Zielgruppe angesprochen. Für mich persönlich ist diese Veränderung gekommen, weil ich wirklich mit beidem aufgewachsen bin. Mit 24 bist du nicht der typische Trueschooler. Aber beispielsweise auch Jesaya steht nach wie vor hinter mir und meinem Sound, was ich sehr schätze. Und auch aus meiner Fanbase habe ich nie von jemandem etwas à la «Ich höre dich nicht mehr, weil du deinen Sound verändert hast» gehört.

Was hast du konkret gehört in dieser Zeit, das deinen Sound von später geprägt hat?

Viele Classics aus den 90ern und 2000ern und parallel dazu aber viel Tory Lanez, Octavian, Roddy Ricch, wenn man es beim Namen nennen soll. Für mich macht dieses Melodiöse einen Song kompletter, als nur über einen Beat zu rappen, in meinem Soundbild passt das irgendwie auch besser.

Dieses Jahr hat es auch schon 3 Singles gegeben, ich nehme an wir stehen kurz vor einem Release?

Ja, das stimmt. Das Ganze hat sich ein wenig verzögert, weil wir Supernova in den Vordergrund gestellt haben, wo ich selbst auch in diverse Dinge involviert war von Merchandise bis Administrativem, und ich mir selbst – auch von Cinnays Perfektionismus bei diesem Album angesteckt – ein wenig mehr Zeit lassen und kein Projekt herausbringen wollte, nur weil es «fertig ist». Ich hatte bis jetzt immer ziemlichen Output und jetzt ist irgendwie die Zeit gekommen, um wirklich ein Projekt auch mal zunächst bei mir sacken zu lassen. Aber wir stehen kurz vor einer EP, ja. Wieder mit O12, «Broken Dreams» heisst sie, 7 oder 9 Tracks, da sind wir noch nicht zu 100% sicher – aber ihr dürft gespannt sein.

Was hat sich auf diese Singles hin verändert? Man hört den Netrum-Einfluss in den Singles doch ziemlich gut.

Momentan versuchen wir wirklich unseren eigenen Vibe zu kreieren. Ich glaube wir sind immer noch in der Experimentierphase und versuchen stets eine Schiene zu finden, die den momentanen Zustand bestmöglich verkörpert. Aber jeder findet sich in einer eigenen Art, in den eigenen Einflüssen aber zusammengenommen in ein Soundbild, das doch viele Überschneidungen in sich hat. Ich glaube wir ticken auch sehr ähnlich. Es ist nicht das Ziel, ähnlichen Sound wie Cinnay zu machen, sondern mich selbst in unseren Kollaborationen wiederzufinden.

Eine so grosse Veränderung in zwei bis drei Jahren im eigenen Soundbild ist doch bemerkenswert. Hast du dich musikalisch gefunden?

Ich glaube es ist eine ständige Suche nach der musikalischen Umsetzung des momentanen Ichs. Die Vision ist sicher, die Swiss Music Identity zu pushen, die verschiedenen Kantonsgrenzen zu schliessen, Kollaboration zwischen verschiedenen Sprachregionen etc. Das ist meiner Meinung nach etwas, dem es dem CH-Rap seit langem fehlt. Und ich glaube, in dem was wir machen, gelingt das nicht schlecht.

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