Interview: So wurde ein Schweizer Producer um seine Credits auf dem Erfolgsalbum von Pop Smoke beklaut
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July
2020

Produzent Wylo im Interview

Interview: So wurde ein Schweizer Producer um seine Credits auf dem Erfolgsalbum von Pop Smoke beklaut

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July
2020

Produzent Wylo im Interview

Interview: So wurde ein Schweizer Producer um seine Credits auf dem Erfolgsalbum von Pop Smoke beklaut

Damian Steffen
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Interview: So wurde ein Schweizer Producer um seine Credits auf dem Erfolgsalbum von Pop Smoke beklaut
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Der Pop Smoke-Hype kocht nach dem tragischen Mord an ihm erst so richtig hoch. Sein Debütalbum legt geisteskranke Zahlen hin. An einem der grössten Hits auf dem Album produzierte sogar ein Schweizer mit, wurde aber scheinbar um seine Anteile betrogen.

In der vergangenen Woche biss sich «For The Night», der Kollabo-Track von Pop Smoke, DaBaby und Lil Baby, in den Top 20 der meistgestreamten Spotify-Tracks weltweit fest. Blickt man in die Song-Credits, so wird klar: Die Rapper haben ein Star-Ensemble an Producern um sich geschart. CashMoneyAP, Mike Dean und Producer-Urgestein Jess Jackson sind nur einige der klingenden Namen.

Schon kurz nach Release kamen aber Einwände zur Liste der Mitwirkenden: Ein 24-jähriger Producer aus Zofingen meldete sich auf Twitter und Instagram mit einem Statement. Er klagte CashMoneyAP an, dass dieser ein Sample von ihm nachgemacht und auf dem Pop Smoke-Album platziert habe – ohne ihn dafür zu bezahlen.

Auf Instagram zeigte er zudem Aufnahmen, die beweisen sollen, dass er der Urheber des verwendeten Sampels sei.

Wylo aus der Aargauer Kleinstadt Zofingen produziert bereits seit über fünf Jahren. Richtig Welle macht der Nachwuchsproduzent vor allem mit seinem YouTube-Kanal, auf dem er seine Instrumentals präsentiert. Seine Type-Beats von Trap-Grössen wie 21 Savage, Future, Young Thug und Konsorten erreichen Klicks im Zehntausender-Bereich. So ist der Produzent, der sich vor allem fürs Sample-Making einen Namen gemacht hat, an einige Placements für Namen von respektabler Grösse gekommen. Im Interview spricht er über die Pop Smoke-Affäre, rechtliche Schritte und er verteilt Ratschläge an Nachwuchsproduzenten.

Du hast bereits auf Songs von Mero, 24hrs, Flipp Dinero oder Lil Gotit mitproduziert beziehungsweise Samples beigesteuert. Wie hast du Kontakt ins Ausland geknüpft.

Wylo: Es spricht sich herum, wenn du gutes Zeug hast. So bin ich mit vielen Produzenten in Kontakt gekommen.

Eines der neusten Werke von Wylo: «Ohne Dich» von Deutschrap-Senkrechtstarter Mero

Wie kam der Kontakt mit CashMoneyAP, dem du vorwirfst, dich beklaut zu haben, zustande?

CashMoneyAP wollte mich bei seinem Label unter Vertrag nehmen. Ich hatte zu dieser Zeit noch andere Verträge vorliegen. Ich teilte ihm deshalb mit, er solle uns doch den Vertrag zuschicken, damit ich diesen mit meinem Anwalt besprechen und allenfalls nachverhandeln könnte. Ich wollte mir alle Offerten anschauen und checken, was am besten passt. Weil ich allerdings bereits gute Connections in die Staaten geknüpft hatte und noch ein paar unveröffentlichte Songs von grossen Rappern lagerte, sah ich nicht wirklich einen Grund, überhaupt einen Vertrag zu unterschreiben. Nach ein paar Wochen meldete sich CashMoneyAP wieder und meinte, dass es ihm zu lange dauerte. Der Vertrag sei vom Tisch. Man könne aber gerne in Zukunft wieder zusammenarbeiten. Zu dieser Zeit hiess es, dass der Pop Smoke-Song auf meinem Sample released wird. Den Vertrag zum Song sollte ich bald zugeschickt bekommen. Die Original-Version habe ich immer noch auf dem Handy.

«Ich habe mir gleich nach dem Aufstehen das Album angehört und direkt gemerkt, dass nicht mein Sample verwendet worden ist.»

Das ist CashMoneyAP: Hinter dem Pseudonym steckt Alex Petit, der gerade mal 25-jährige ist ein französischer Produzent, welcher mittlerweile ein ganzes Ensemble aus Musikern um sich geschart hat. Er und sein Kollektiv haben bereits für NBA YoungBoy, NLE Choppa, Roddy Ricch, Lil Skies, Tyga und viele weitere US-Grössen produziert. Einer seiner erfolgreichsten Songs: «Walk Em Down» erzielte bis dato auf YouTube und Spotify über 200 Millionen Streams. (Anm. d. Red.)

Wie hast du bemerkt, dass du abgezogen wurdest?

Am Releasedatum vom neuen Album «Shoot For The Stars Aim For The Moon» habe ich direkt nach dem Aufstehen den Song gehört und gleich bemerkt, dass nicht mein Sample verwendet worden ist. CashMoneyAP hat das Sample von einem seiner Produzenten gleich nachmachen lassen, um so zu versuchen, mir keine Credits geben und bezahlen zu müssen. Ich weiss nicht, ob er echt dachte, dass ich dagegen nichts tun würde (lacht).

Was waren deine ersten Schritte?

Ich habe direkt meinem Anwalt geschrieben, damit das geregelt werden konnte.

Prod. by Wylo: Lil Gotit – «Just Saying»

In den vergangenen Wochen ist die Debatte um Diebstahl von geistigem Eigentum wieder aufgeflammt. Wie können sich Produzenten gegen solche Sample- und Ideen-Klaus wehren?

Wenn jemand ein Sample klaut, ist es ziemlich einfach dagegen vorzugehen: Anwalt einschalten und es wird geregelt. Bei Ideen funktioniert es ähnlich – vor allem wenn es nachweislich 1:1 kopiert ist. Das ist bei mir der Fall. Ich kann problemlos beweisen, dass es meine Idee ist. Den Original-Song habe ich ja noch bei mir. Wenn das Plagiat dem Original nur ähnelt, wird’s schwieriger. Darum frage ich mich: Warum habt ihr es wirklich fast unverändert übernommen?

«Es ist eigentlich niemand so dumm und denkt, er komme mit einem 1:1-Remake davon – vor allem nicht auf einem der grössten Rap-Releases des Jahres.»

Was könnte er sich erhofft haben?

Ich weiss echt nicht, wie man seine Reputation derart aufs Spiel setzen kann, nur um die Credits zu umgehen und etwas Geld zu sparen. Klar bekommt er so mehr Prozente vom Song, da er jedem der Producer Anteile ihres Publishings abdrücken muss.

Du hast bereits rechtliche Schritte eingeleitet. Wie schätzt du deine Erfolgschancen ein?

100 %! Es gibt absolut nichts, das CashMoneyAPs Vorgehen rechtfertigen kann.

Prod. by Wylo: Boosie Badazz - «Weed Head»

Instrumental-Streitigkeiten werden oftmals nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen. Bist du ein Einzelfall oder sind solche Diebstähle gang und gäbe im Business?

Das ist safe keine Seltenheit. Man hört immer mal wieder solche Stories. Dass aber Bestandteile 1:1 geklaut werden, ist selten. Es ist eigentlich niemand so dumm und denkt, er komme mit einem 1:1-Remake davon – vor allem nicht auf einem der grössten Rap-Releases des Jahres.

«Es spricht sich herum, wenn du gutes Zeug hast.»

Warum bist du den Schritt in die Öffentlichkeit gegangen?

Weil ein Sample nachzumachen noch einmal viel respektloser ist, als einfach zu versuchen ein Sample zu benutzen, ohne zu bezahlen. Hätte er sich das Sample lediglich ungecleared genommen, hätte ich meinem Anwalt gesagt, er solle es im Hintergrund regeln, ohne dass ich es gepostet hätte.

Hast du etwas aus der Affäre gelernt?

Ich habe nichts dazugelernt. Ich habe nichts falsch gemacht. Ich hoffe aber, dass CashMoneyAP etwas aus der Situation gelernt hat.

Was rätst du anderen Nachwuchsproduzenten für den Umgang mit Labels und anderen Szenepersönlichkeiten?

Hol dir immer einen Anwalt – vor allem wenn du mit grösseren Musikern zusammenarbeitest. Alleine bekommst du nichts geregelt.

Prod. by Wylo: Rizzoo Rizzoo & Ugly God – «UGLYGOBLIN»

Wie geht’s bei dir weiter: Wirst du noch irgendwo signen?

Ich möchte independent bleiben und meinen Katalog weiter ausbauen, um später mal einen Publishing Deal oder einen Publishing Admin Deal zu unterschreiben.

Erklärung:

Co-Publishing Deal: 50 Prozent der Verlagsanteile werden abgegeben und mit einer Geldzahlung abgegolten. Der Produzent steht in einem Vertragsverhältnis mit dem Label und ist dementsprechend verpflichtet, die vereinbarte Anzahl Produktionen abzuliefern.

Publishing Admin Deal: 100 Prozent der Verlagsanteile liegen beim Urheber.

Quelle: Songtrust.com

Wylo hat auch beim Szene-Medium Producergrind 2.0 ein Interview gegeben, in dem er Auskunft über die aktuelle Situation gibt.

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