Welche Musikgenres würden sie als Ihr Fachgebiet bezeichnen?Mein Fachgebiet ist das, was früher mal «Klassische Musik» hiess, aber so noch kein Genre ist. Mein Fachgebiet erstreckt sich auf gewisse historische Bereiche der Musik, welche von heute bis ins Spätmittelalter zurückreichen.In welcher Beziehung stehen Sie persönlich zu Rap?Wenn ich Rap höre, passiert das meist zufällig. Für meinen privaten Konsum von Rap hat mich bis anhin bloss Rap von Grenzgängern gereizt – beispielsweise von Leuten, welche Lieder von Schubert verrappt haben, da habe ich etwas genauer hingehört. Rap ist ja diese bestimmte Verbindung von Musik und Sprache – und wenn das gut gemacht ist, ist es auch irrwitzig virtuos. Das kann sowas von virtuos sein, dass ich das erstmal faszinierend finde und auch die Lyrics im Hintergrund durchaus interessant wirken.Wann haben Sie sich das letzte Mal intensiver mit Rap befasst?Das war im Umfeld des Skandals um die Echo-Preisverleihung und der damit verbundenen Schlagzeilen. Da habe ich mich relativ intensiv reingehängt, auch in die Berichterstattung. Besonders interessant an dem Ganzen fand ich die Aussagen der Hörerinnen und Hörer der Musik der zwei angeprangerten Rapper. Mich hat interessiert, wie deren Musik und deren Texte von den Konsumenten überhaupt wahrgenommen werden. Da gab es die eine nicht ungefährliche Spur, wo Leute Gefallen daran fanden, dass es in diesen Liedern mal richtig zur Sache geht. Die konnten sich mit der Gewalt in diesen Texten identifizieren. Dann gab es die anderen, die fand ich ganz lustig, die sagten, dass Text gar nicht so ihr Ding sei. Das was gesagt wird, sei ihnen gar nicht so wichtig. Die haben folglich gar kein Sensorium dafür, dass in diesen Liedern nicht nur Rhythmus vermittelt wird, sondern auch Text und Inhalt, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Mich hat die Erkenntnis verblüfft, dass die Wirkung der Rap-Musik von den Texten abstrahiert werden kann, obwohl diese im Rap ja eine sehr zentrale Rolle einnehmen.
Während sich Prof. Dr.Lütteken den Videoclip anschaut, lacht er immer wieder und schmunzelt.Sie mussten einige Male lachen – weshalb?Ja das ist schon sensationell gut gemacht. Dass der Screen sich hier selber thematisiert. Der Clip stimmt überragend mit dem Text überein. Den Song kannte ich natürlich noch nicht, aber ich habe sowas auch vorher noch nie in der Form gesehen. Das hat mir sehr imponiert. Den Text konnte ich ganz gut verstehen. Der Screen thematisiert sich ja selbst, man sieht den Screen auf dem Screen. Wie Clip und Text interagieren ist unwahrscheinlich gut gemacht. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie die das geschnitten haben. Wer ist denn das?Dezmond Dez, Tommy Vercetti und CBN. Sie sind bekannt für ihre lyrisch hochwertigen und oft zynisch angehauchten Texte.Ich konnte eine gewisse Ironie in dem Song erkennen. Die Texte haben mir auch sehr gut gefallen. Die Wortspiele mit dem Tauben vergiften im Park, dem Sprüngli, … Auf Mundart macht das den Reiz für mich umso mehr aus. Auf Standarddeutsch wäre die Spannung irgendwie weg. Dann noch zusammen mit diesem irrsinnig virtuosen Clip… Imposant.Was der Professor über andere Künstler wie Pronto oder Liba denkt, kannst du in der aktuellen Print-Ausgabe lesen. Ab heute im Handel oder im Abo. Das Abonnement kannst du hier lösen.