2019 feiert das LYRICS seinen fünften Geburtstag. Dass Printjournalismus über Musik im 2019 noch schwarze Zahlen schreiben kann, grenzt an ein Wunder. Schon zur Gründungszeit war die Medienlandschaft in Bezug auf HipHop und Urban Music sehr überschaubar, doch mit der Zeit starben auch die letzten Dinosaurier aus: «joiz in the hood» ist Geschichte, das VBT verlor massiv an Relevanz – und wer waren nochmal VIVA und MTV?Das führte für uns zu der überaus lästigen Situation, eine Art Monopolstellung in der Berichterstattung über Schweizer HipHop innezuhaben. Wir mussten einen ständigen Spagat zwischen der Schweizer Illustrierten und JUICE Magazin machen, ordentlich streiten und motivieren konnten wir uns höchstens redaktionsintern.Einige Formate hatten einen langen Atem – Shoutout an Virus Bounce und die Aightgenossen – aber viele wurden vom grossen Mediensterben gefressen, fielen den digitalen Umbrüchen zum Opfer. 2019 ist jedoch bis jetzt ein ausserordentlich gutes Jahr für HipHop-Journalismus in der Schweiz.Da wäre zum einen der grossartige Podcast von Knackeboul und Luuk, in dem sich die beiden Künstler eine «HipHop-Zigi» teilen, essen gehen und über Gott und die Welt philosophieren.
Das hochgradig unterhaltsame Format zeigt die beiden Witzbolde von einer neuen, persönlichen Seite und HipHop kommt natürlich nicht zu kurz. Egal ob SMA oder Cypher, die beiden hatten etwas zu melden.Ein weiteres Highlight war die Abschlussdiskussion der Bounce-Cypher, für die Pablo eine bunte Gesprächsrunde an den runden Tisch holte. Wie Lukie Wyniger mit scharfer Zunge auf den Cypher-Teilnehmern herumhackte war grosses Kino und Tommy Vercetti bekam ordentlich Airtime, um seine klugen Beobachtungen mitzuteilen.Sowohl der Podcast als auch die Cypher-Diskussion sind coole Formate, doch so wie es aussieht, könnte dieses Jahr noch mehr gehen: Ben Whale hat bereits einen eigenen Podcast angekündigt und Julian Thorner hatte mit Emm, Kiko und Knackeboul bereits drei HipHop-Künstler in seinem Podcast.
Wohin führt die Reise? Hoffentlich hin zu einer Medienlandschaft, in der mehr diskutiert wird. Die HipHop-Szene in der Schweiz wächst kontinuierlich, neue Künstler setzen Akzente, alte Hasen melden sich zu Wort. Ausserdem ist die Branche grossflächig im Umbruch begriffen: Streamingdienste verdrängen alte Medienformate, Indie ist (manchmal) das neue Major, Einnahmen aus Live-Konzerten werden wichtiger als Albumverkäufe, Merchandise und Branding gewinnen massiv an Relevanz.Dazu kommen der klassische Stoff, aus dem Rap-Diskussionen sind: Ist Gangster-Rap in der Schweiz real oder lächerlich? Ist Cloud-Rap überhaupt noch Rap? Warum hat Rapper X seinen Homie Y gedisst?An Gesprächsstoff fehlt es also keineswegs, es braucht aber ein gesundes Mass an Konkurrenz und gegenseitiger Motivation. Gleichzeitig vereinfachen es neue Technologien, qualitativ hochstehende Podcasts oder Video-Streams aufzunehmen. Die Hemmschwelle ist also deutlich tiefer als noch 2014.So bleibt zu hoffen, dass mit dem Winterende auch ein neuer Frühling für Rap-Medien und Rap-Formate anbricht. Wir haben lange genug gewartet.